Download als PDF: PM 29 – Bio-Holzkohle macht Stroh zu Gold
Bonn, 4.7.2018
Aus Abfall wird Geld, und noch mehr – sogar rein organisch
Neues Energie-Projekt mit Biomasse für Kleinbauern in Indien

Herstellung von Bio-Holzkohle – das Befüllen der Kölher-Einheit
Kokosnuss-Schalen, Reis-Stroh und Pflanzenstrünke. Und das soll so wertvoll sein wie im Märchen? Ein Streichholz reicht, um solchen Abfall zu beseitigen – so geschieht es täglich in Indien. Doch Ernte-Abfälle lassen sich nutzen, sogar veredeln: durch Umwandlung in Bio-Holzkohle. Ein neues Hilfsprojekt von green energy against poverty zeigt, wie kluge Nutzung von Biomasse das Überleben von Kleinbauern sichert.
Bauer Tonde steht auf seinem Feld. Grün wiegen sich die Halme der jungen Reispflanzen, nachdem der Monsun den Boden fruchtbar gemacht hat. Am Feldrand wachsen Zwiebeln und Kartoffeln, Gewürze, Obst. Doch die Idylle täuscht: Kleinbauer Tonde hat nur wenig Land – zu wenig, um das Überleben seiner 4-köpfigen Familie das ganze Jahr lang wirklich zu sichern. Zwar geht es ihm ein wenig besser als anderen Kleinbauern, weil er vor fünf Jahren auf organischen Landbau umgestellt hat: „Dafür zahlen die Kunden etwas mehr, und vor allem spare ich die hohen Kosten für Dünger und Chemie“, sagt er. „Wir sparen auch, weil wir uns selber vom Feld ernähren; den Rest der Ernte verkaufen wir“. Trotzdem: es reicht nicht. Denn mit seinen ca. 1.860 m² Land wäre er in Deutschland der Besitzer eines großen Gartens, in Indien ist er ein durchschnittlicher Bauer, und er besitzt sogar eigenes Land. Aber mit knapp 500 EUR Jahreseinkommen kommt die Familie nicht über die Runden. Weitere Einkommensquellen müssen her, insbesondere für die Trockenzeit. Warum nicht die Ernteabfälle nutzen?
Holzkohle hat wichtige Vorteile: aus 1 kg Ausgangsmaterial werden ca. 300 gr. Holzkohle, die aber den gleichen Brennwert wie das eingesetzte Material hat. Die deutliche Volumenreduzierung sorgt für leichteren Transport. Deshalb ist Holzkohle im nahe gelegenen Pune (Poona) ein gefragtes Brennmaterial. Sie brennt besser, sauberer, und mit höherer Temperatur, und hat damit Vorteile beim Kochen. Möglich macht’s der Herstellungsprozess: durch Erhitzen des Ausgangsmaterials verdampfen dessen flüchtige Bestandteile, die die Verbrennung eher behindern. Eine Gefahr ist Holzkohle dann, wenn das Ausgangsmaterial nicht nachhaltig gewonnen wird und z.B. Raubbau an Holz die Wälder gefährdet. Aber trockenes Laub oder Pflanzenabfälle der Ernte lassen sich hervorragend nutzen – das Material ist nachwachsend, und Bauer Tonde hat keinen anderen Verwendungszweck. Etwa 30 Rupien kann er für ein Kilo Holzkohle bekommen, umgerechnet knapp 50 cent.

Der 4-jährige Swayam freut sich über die fertige Bio-Holzkohle
Da geht noch mehr: durch ein spezielles Verfahren wird Holzkohle zu Aktiv-Kohle – mit faszinierenden Eigenschaften: sie bindet organische Bestandteile wie Gerüche, kann also als Lufterfrischer eingesetzt werden. In kleine Bauwoll-Säckchen verpackt, reinigt sie die Luft in Badezimmern und öffentlichen Toiletten, in Küchen und sogar im Kühlschrank. Eine Packung hält ca. 1 – 2 Monate und kann danach als Bio-Müll entsorgt werden, oder besser noch als Dünger genutzt werden. Jedes Säckchen mit 50 gr. kann für 30 Rupien verkauft werden – eine Wertschöpfung um den Faktor 20!
Einziges Problem: es handelt sich um einen neuen Herstellungsprozess und um ein neues Produkt. Wie genau muß der tragbare Köhler-Ofen dimensioniert werden, um beste Ergebnisse zu erzielen? Für das Produkt gibt es noch keinen Markt. Wie soll es verpackt, beworben und verkauft werden, welche Zielgruppen gibt es, und was sind sie bereit zu zahlen? Die Entwicklung des Prozesses und Marketing des Produktes hat deshalb Frau Karve von Samuchit aus Pune übernommen, gefördert von green energy against poverty. „Die Ergebnisse sind sehr vielversprechend“, sagt sie. Nach den ersten Durchgängen ist nun der Prozess optimiert, Bauer Tonde hat effiziente Arbeitsabläufe entwickelt, und die Nachfrage ist da. Jetzt wird das Projekt ausgeweitet: weitere Produzenten sollen gewonnen, weitere Vertriebskanäle aufgebaut werden. Neue Kooperationspartner gibt es auch: die Müllsammler bekommen von der Stadtverwaltung von Pune ein Areal, auf dem sie Grünabfälle und Laub in Holzkohle umwandeln und das Produkt verkaufen können – und damit Geld verdienen.
Auch Bauer Tonde ist zufrieden: „Jetzt haben wir endlich das Geld, das wir brauchen, wenn unser Sohn Swayam im nächsten Jahr zur Schule geht!“ Das Projekt sichert sein Einkommen, und ermöglicht die entscheidenden Schritte aus der Armut. Und: „Weil ich Bio-Bauer bin und das Reis-Stroh keine Chemikalien enthält, machen wir aus der Holzkohle sogar Räucherstäbchen – ein ganz reines Geschenk an die Götter!“ So wird sein Stroh (fast) zu Gold.
green energy against poverty sammelt Spenden zur Ausweitung des Projektes.