PM 31 – Bio-Holzkohle – erneuerbar und nachhaltig

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Bonn, 14.12.2018

neues Produkt aus Ernteresten schont Umwelt und Klima –
erfolgreiches Projekt hilft gegen Armut

Der 6-jährige Soyam freut sich über die fertige Bio-Holzkohle – dank des Erlöses kann er nun zur Schule gehen. – Foto: A. Etges

Der 6-jährige Soyam hält etwas ganz Besonderes in den Händen: Bio-Holzkohle. Ein neues Produkt, entwickelt von einer indischen Umwelt­ingenieurin und hergestellt aus Pflanzenabfällen. Soyams Vater ist der erste Produzent. Als armer Kleinbauer braucht er dringend das Zusatzeinkommen daraus, damit Soyam eine gute Schule besuchen kann. So kann Kohle Zukunft geben.

Grün wiegen sich die Felder. Bio-Bauer Tonde blickt zufrieden auf seine Gemüse­pflan­zen. Auf den ers­ten Blick sind er und seine Familie nicht arm; meist haben sie genug zu Essen. Aber da es keine Reserven gibt, leben sie nur einen Schritt vom Absturz entfernt. Ein Unfall, eine Krank­heit kann di­rekt in den Abgrund füh­ren. Es gibt auch keine Luft für zusätzliche Aus­gaben, und seien sie noch so wichtig. Das raubt der Familie die Zukunft: Soyam soll eine gute Schule besuchen, doch die kostet Schul­geld. Also wird zusätzliches (und regel­mäßigeres) Einkommen benötigt. Dringend.

Bio-Holzkohle – ein neues Produkt: Während Holzkohle traditionell aus Holz hergestellt wird (und damit nur ein­ge­schränkt nachhaltig ist), besteht Bio-Holzkohle aus Reststoffen – also aus Abfall: Kokosnuss-Schalen, Ernte­ab­fällen, abgeernteten Mais-Kolben oder trockene Blätter. So wird kein Wald zerstört. Die neue Bio-Holzkohle ist nicht nur nach­haltig, son­dern nutzt Stoffe, für die es bisher keine Verwendung gab. Den Pro­zess zur Herstellung gibt es bereits; da­raus soll ein Produkt ent­wickelt und ein Markt geschaffen werden. Ziel ist die intelligente Nutzung von Biomasse. Hier hilft green energy against poverty.

Die Köhler-Einheit – Foto A. Etges

Die Köhler-Einheit hat eine greenap-Partnerin, Frau Karve aus Pune (Poona) ent­wickelt. Im Projekt geht es um die Opti­mierung der Produktion, vom Ein­sam­meln des Ausgangsmaterials bis zu Ver­arbeitung und Verkauf. Braucht ein Klein­bauer eine oder zwei Köhler-Einheiten, um kontinu-ierlich arbeiten zu kön­nen? Wie viel Bio-Holzkohle kann eine Person pro Tag herstellen? Welche Men­gen an Ausgangs-material werden gebraucht, wie viel ist wann verfügbar? Wie viel zusätzliches Ein­kommen bringt das?

Heraus kommen Holzkohle-Stücke, die zerkleinert und zu Pellets gepresst wer­den. Das Endprodukt hält Soyam stolz in seinen Händen. Für den Brenn­stoff gibt es bereits einen Markt; wegen des gering­eren Transportvolumens ist er in Städt­en gefragt. Für ein Kilo­gramm werden 30 Rupien gezahlt, knapp 40 ct. Immer­hin – aber zu wenig, um wirk­lich einen deutlichen Unter­schied zu machen.

Zum Verbrennen viel zu schade: greenap-Partnerin Frau Karve hat bessere Nutz­ungs­mög­lichkeiten entwickelt. Der Herstellungsprozess wurde so optimiert, das die Bio-Holz­kohle zu Aktiv-Kohle veredelt wird. Die wirkt z.B. gegen stör­en­de Ge­rüche in Küche und Toilette. So wird die Luft wirklich ge­reinigt, und nicht nur vor­handene Gerüche überdeckt. An alle Aspek­te der Nachhaltigkeit hat Frau Karve ge­dacht: verpackt wird in kleine Baumwoll-Säckchen, die eine Frauen-Ko­operative aus Resten der Kleid­ungs­produktion näht. Nach Gebrauch dient die Bio-Holz­kohle als Pflanzen­dünger; die Säckchen selber werden in einem Pfand-System neu befüllt. Ver­kauft wird in braunen Papier-Tüten aus recyceltem Pa­pier, das eine Frauen-Selbsthilfe­gruppe liefert. Ein perfekt nachhaltiges Produkt. Ein Markt dafür wurde aufgebaut, und innerhalb eines Jahres hat sich die Nach­frage ver­vierfacht. Die Luftreiniger können für 30 Rupien pro 50-gr.-Säck­chen verkauft werden – eine Wert­steigerung um den Faktor 20!

Detail der Köhler-Einheit – Foto A. Etges

Nun steht nun die Ausweitung der Bio-Holzkohle an. Sowohl durch andere NGOs, die damit Einkommensmöglichkeiten schaf­fen, als auch für städtische Müllsammler und Straßen­kehrer, die Blätter und Grünabfälle weiter ver­arbeiten. Frau Karve wurde vom re­nommierten „Massachu­setts Institute of Tech­no­logy“ (MIT) zu einer Konferenz in Kenia eingeladen,
wo die Lufterfrischer auf großes Echo stießen.

Ihre neue Idee ist eine ökologisch desinfizierende Seife mit Bio-Holz­kohle. Interes­sant ist auch die Nutzung als Filter für Trink­wasser: Aktiv-Kohle filtert Bakterien und organische Ver­un­rein­igung­en. Eine Lösung für entlegene Dörfer, die sonst kein­e Wasser­filter zur Verfügung haben. Chancen für ein neues Produkt? Das werden die weiteren Untersuchungen von Frau Karve zeigen.

Bereits jetzt ist klar, das die Bio-Holzkohle wirkt: Bauer Tonde hat mehr Ein­kommen. Genau das Geld, das er braucht, damit Soyam auf eine gute Schule gehen kann. Denn Bildung ist der Schlüssel für eine bessere Zukunft – für Soyam und die ganze Familie. „Ich bin glücklich“, sagt Soyam. Und er nutzt seine Chance: wenige Monate nach Schulbeginn ist er Klassenbester.

green energy against poverty sammelt Spenden zur Ausweitung des Projektes.